100 Jahre Junkers F 13 – die bequeme Luftlimousine (1)
von Walter Brühlmann
Vor 100 Jahren fand der Jungfernflug eines völlig neuartigen
Flugzeugs statt. Die vom Flugpionier Hugo Junkers gebaute
Maschine war das weltweit erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug
und gilt als eigentliche Wegbereiterin der zivilen Luftfahrt.
Hugo Junkers hatte seit 1915 eine Reihe von Ganzmetallflugzeugen
entwickelt. Seine Junkers J 1 von 1915 war das erste
verspannungslose (freitragende) flugfähige Ganzmetallflugzeug
der Welt. Mit diesem Ganzmetallflugzeug hatte er sein
1910 patentiertes Konzept vom «unverspannten» Flügel mit
dickem Profil als ideales Flugzeugtragwerk praktisch umgesetzt.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem im Versailler Vertrag
von den Siegermächten auferlegten Verbot des Wiederaufbaus
100 Jahre Junkers F 13 – die bequeme Luftlimousine (1)
von Luftstreitkräften, entschied sich Hugo Junkers, nur noch
Flugzeuge für den zivilen Luftverkehr zu entwickeln. Er verfolgte
sein bereits 1910 patentiertes Konzept eines Ganzmetallflugzeugs
weiter und gab seinem Chefkonstrukteur Otto
Reuter den Auftrag, ein Passagierflugzeug zu entwickeln, das
vollständig aus Metall hergestellt werden sollte. Das Flugzeug
wurde ausschliesslich für den zivilen Einsatz entwickelt, militärische
Aspekte spielten dabei keine Rolle.
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Die F 13 war ein freitragender Tiefdecker (ohne die üblichen Verspannungsseile) und im
Gegensatz zur damals üblichen Holz- und Stahlrohrbauweise mit Stoffbespannung, vollständig
aus der Leichtmetall-Legierung Duralumin(ium) gefertigt. Oben der Rumpf, unten
die Flügel.
Mit der F 13 schufen die Junkers Flugzeugwerke 1919 das erste Verkehrsflugzeug ganz aus Metall. Die F 13 war ein freitragender Tiefdecker (ohne die damals üblichen Verspannungsseile) und im Gegensatz zur damals üblichen Holz- und Stahlrohrbauweise mit Stoffbespannung vollständig aus der Leichtmetall-Legierung Duralumin(ium) gefertigt. Der kastenförmige Rumpf und die Tragflächen bestanden aus durchgehenden Rohrholmen, angenieteten Streben und einer Wellblechbeplankung. Die Materialwahl und die Fachwerkbauweise führten zu einem robusten, klimabeständigen und reparaturfreundlichen Flugzeug, das zwei Piloten und in einer geschlossenen Kabine vier Passagieren Platz bot. Gebaut wurden zwei F 13-Flugzeuge, welche die Namen der Töchter von Hugo Junkers erhielten, nämlich Herta und Annelise. Der Erstflug der F 13 Herta erfolgte mit dem Piloten Emil Monz am 25. Juni 1919. Am 13. September 1919 erflog Monz mit sieben Passagieren mit der Höhe von Die F 13 war ein freitragender Tiefdecker (ohne die üblichen Verspannungsseile) und im Gegensatz zur damals üblichen Holz- und Stahlrohrbauweise mit Stoffbespannung, vollständig aus der Leichtmetall-Legierung Duralumin(ium) gefertigt. Oben der Rumpf, unten die Flügel. Aerophilatelie 34 SBZ 1–2/2020 6750 Metern den Höhenweltrekord.
Dazu die Eckdaten zur Maschine:
Länge/Höhe: 9,60 m / 4,10 m
Spannweite: 14,82 m
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Dienstgipfelhöhe: 4600 m
Reichweite: 1200 km
Start-/Landerollstrecke: 200 m/150 m
Motor: Wassergekühlter Sechszylinder-
Reihenmotor von BMW mit 19,1 l
Hubraum mit einer Leistung von
anfänglich 160 PS, und später ausge
legt bis zu 570 PS.
Oben: Spartanisch eingerichtetes Cockpit einer Maschine aus dem
Jahr 1919. Unten: Das Cockpit des 2018 zugelassenen Nachbaus
der Junkers F 13.
Oben: Die Innenkabine einer Maschine aus dem Jahr 1919, mit
Heizung! Unten: Die Kabine des 2018 zugelassenen Nachbaus
der Junkers F 13, jetzt ohne Heizung …
Für die Passagiere, die zuvor in offenen oder provisorisch überdachten Doppeldeckern aus der Zeit des Ersten Weltkriegs reisten, bot die F 13 mit ihrer grosszügigen, beheizbaren Kabine einen bisher nicht gekannten Komfort. Attraktive Vorteile hatte das Flugzeug auch für die Fluggesellschaften: eine wartungsfreundliche Konstruktion, geringe Betriebskosten sowie ein robustes Fahrwerk, das durch Schwimmer oder sogar Skier ersetzt werden konnte. Dies machte die F 13 zu einem vielseitigen Post- und Verkehrsflugzeug. 1925 betrug ihr Anteil am internationalen Verkehrsstreckennetz rund 40 Prozent. Bis 1932 wurden mehr als 300 Flugzeuge dieses Musters gebaut. Durch die Einschränkungen für den Flugzeugbau und Flugverkehr im besiegten Deutschland kam der neue Flugzeugtyp offiziell in Deutschland nicht zum Einsatz. Der Grund lag in den Einschränkungen der Entente-Mächte Frankreich und England für den Flugzeugbau und Flugverkehr im besiegten Deutschland, sodass die Junkers Flugzeugwerke das erste F 13 Serienmodell am 29. Oktober 1919 in die USA verkauften. Die Endmontage der Maschinen erfolgte bei der JunkersLarsen Aircraft Corporation mit Sitz in New York City, die ab 1919, die in Kisten angelieferten Ju F13 zusammenbaute. Larsen lieferte auch zwei Maschinen mit der Typenbezeichnung JL6 an die US-Marine. Eine ähnliche Zusammenarbeit gab es auch in der Sowjetunion, wo das Flugzeug mit der Bezeichnung Ju 13 hergestellt und von der russischen Luftverkehrsgesellschaft Dobroljot eingesetzt wurde.
Mit der F13 gelang Hugo Junkers ein Riesenwurf. Die Flugzeuge waren nahezu in der ganzen Welt im Einsatz, so unter anderem bei der US-Postverwaltung und ab 1926 dann auch bei der Deutschen Lufthansa bis 1936. 1924 kam die F 13 beim Erstflug Berlin–Ankara (Angora) zum Einsatz und 1928 umrundete Walter Mittelholzer mit einer Junkers F 13 der schweizerischen Luftverkehrsgesellschaft Ad Astra Aero das westliche Mittelmeer von Zürich via Rom–Tunis–Algier– Madrid–Marseille zurück nach Zürich. Die Flugzeit betrug dabei 47 Stunden und 20 Minuten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 135 Kilometern pro Stunde, bei einer Gesamtstrecke von 6370 Kilometern. Doch die eigentliche Erfolgsgeschichte spielte sich bereits 1919 bei der deutschkolumbianischen Lufttransportgesellschaft SCADTA in Kolumbien ab.
Die Ju F 13 im Einsatz bei der SCADTA in Kolumbien
Die SCADTA (Sociedad Colombo Alemana de Transportes Aéreos) war ein 1919 gegründetes Flugunternehmen in Kolumbien, die erste zivile Fluggesellschaft Amerikas, und nach der holländischen KLM die zweite weltweit. Die Unternehmung wurde am 5. Dezember 1919 in Barranquilla gegründet und am 19. Dezember als Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragen. Kapital- und Personalbeschaffung waren die ersten Aufgaben der neuen Gesellschaft. Bereits im April 1920 bestellte SCADTA bei den Junkers-Werken in Dessau zwei Maschinen des Typs F 13. Allerdings mit Schwimmern statt Rädern, da der kolumbianische Staat die Fluggesellschaft nicht unterstützen konnte und durch die geografischen Gegebenheiten des Rio Magdalena als natürliche Start- und Landebahn Investitionen sparen half. Hugo Junkers hatte ein sehr grosses Interesse an einer Geschäftsverbindung mit der SCADTA, um dort gewonnene Erfahrungen in seine Konstruktionen einfliessen lassen zu können. Am 10. Juni 1920 wurden die beiden Flugzeuge geliefert. Mitte Juli wurden sie versandfertig in Kisten verpackt und auf dem Seeweg nach Südamerika verschifft, begleitet von den beiden Weltkriegsfliegern Hellmuth von Krohn und Fritz Hammer, der spätere Chefpilot der SCADTA. Dazu gesellte sich auch Ingenieur Wilhelm Schnurbusch, der spätere technische Direktor. Am 6. August 1920 begann Wilhelm Schnurbusch mit der Montage der beiden Flugzeuge und bereits 20 Tage später konnten erste Flugversuche begonnen werden, die alle erfolgreich verliefen. Auf ihrem ersten Flug am 19. Oktober 1920 mit Hellmuth von Krohn beförderte die SCADTA mit einer Junkers F 13 insgesamt 57 Briefe von Barranquilla nach Puerto Colombia (30 Kilometer westlich von Barranquilla, direkt am Karibischen Meer). Nach ersten Probeflügen bei Barranquilla, wurde ein erster Post-Flug am 20. Oktober 1920 den Rio Magdalena hinauf bis nach Girardot ausgeführt. Kurz darauf gelang es, eine Konzession der kolumbianischen Regierung für den Transport von Luftpost zu erhalten, worauf planmässige Flüge nach einem wöchentlichen Flugplan durchgeführt wurden. Mit einer Länge von über 1500 Kilometern bereitete der Rio Magdalena aber eine Unzahl von Problemen, sodass die Reisenden wie auch die Post oft ganze Wochen brauchten, um am Ziel anzukommen. Die Hauptstadt Bogotá, inmitten der Ostkordilleren auf 2600 Metern Meereshöhe gelegen, ist über 1000 Kilometer von der Küste entfernt. Fracht und Post wurden noch in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts von den karibischen Häfen auf Heckraddampfer verladen und zunächst 1000 Kilometer flussaufwärts transportiert. Dort ging es dann auf dem Landweg 80 Kilometer weiter, da Stromschnellen und Wasserfälle ein Fortkommen auf dem Fluss nicht erlaubten. Danach wurde alles wieder auf ein Schiff verladen, bis zur Flusshafenstadt Girardot gebracht und von dort ging es per Strasse oder Bergbahn hinauf nach Bogotá. Die von der Küste weitab gelegenen Handelsstädte Bogotá, Medellin und Cali erhielten durch die Anbindung an ein mögliches Flugnetz eine rasche Verbindung zur Küste. n
Vortrag gehalten anlässlich der Veranstaltung «100 Jahre Corinphila» im Flieger und Flabmuseum Dübendorf
(Fortsetzung in der SBZ 3/2020.)