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Frankatur(art)en-"Lexikon"

Giovanni Balimann, CPhH/AIJP

In einer Artikelserie (SBZ Ausgaben 4, 5–6, 9, 10 und 11/2016 sowie Ausgaben 1–2, 3, 4, 5–6, 7–8 und 10/2017)
habe ich Frankaturarten auf der Basis der Ausführungen von Georg Valko (SBZ 2/1985, Seiten 53 bis 56) neu
definiert und mit Beispielen dokumentiert. Die neuen Definitionen haben mehrheitlich ein positives Echo
ausgelöst, und bereits an der NABA 2018 in Lugano konnten einige Exponate beobachtet werden, in welchen
Belege gemäss den neuen Definitionen beschrieben wurden. Rückblickend muss allerdings festgestellt werden,
dass die seinerzeit publizierten Formulierungen etwas "sperrig" ausgefallen sind und deshalb von etlichen
Sammlern nicht auf Anhieb verstanden wurden. Ich habe mir deshalb die Texte noch einmal "vorgenommen" und
nach kürzeren, leichter verständlichen Versionen gesucht. Das ist gelungen, nachdem mehrere Begriffe vorgängig
geklärt wurden, welche anschliessend in den Definitionen der Frankaturarten verwendet werden konnten.
Auf eine Wiederholung der in den aufgelisteten Artikeln dargelegten Argumentarien wird an dieser Stelle
verzichtet; an diesen hat in der Zwischenzeit nichts geändert, und auch die Beschreibungen der damals
abgebildeten Beispiele treffen nach wie vor zu. Ein fundamentaler Unterschied zwischen Wertzeichen und
Frankatur soll aber nochmals in Erinnerung gerufen werden: Wertzeichen erhalten ihre Eigenschaften bei der
Herstellung, Frankaturen erst bei der Aufgabe einer Sendung; die Entstehung der beiden "Objekte" fällt also
zeitlich deutlich auseinander. Dementsprechend sind ihre Eigenschaften auch unabhängig voneinander zu
beurteilen.
Doch nun zu den neu formulierten Definitionen in logischer (also nicht alphabetischer) Reihenfolge:

Postalische Begriffe

Taxe: Bei der Aufgabe zu entrichtender Betrag für die Beförderung einer Sendung auf Grund
ihrer Eigenschaften [Gattung, Gewicht, Abmessungen, Leitweg, Distanz zum
Empfänger, usw.], oder aber Kosten für eine besondere Dienstleistung [z.B.
Einschreiben, eigenhändige Übergabe an den Empfänger, mit Rückschein an den
Absender, per Express, mit deklariertem Wert, mit Nachnahme, usw.]. 1)


Zuschlag: Aufpreis für Sendungen, die eine besondere Behandlung erforder(te)n [z.B. im 19.
Jahrhundert für die Beförderung von Fahrpoststücken über Alpenpässe, Sperrgut,
Sendungen mit zerbrechlichem Inhalt, solche mit verderblichen Lebensmitteln oder
lebenden Tieren, dringliche Sendungen, usw.]. 1)


Gebühr: Unter besonderen Bedingungen nach der Ankunft einer Sendung zu entrichtender
Betrag [z.B. für die Lagerung von Postlager-Sendungen, für die Zustellung schwerer
Pakete, die Zustellung von Sendungen mit hohem deklariertem Wert oder für die
Zustellung von Eilsendungen an Empfänger ausserhalb des für jede Poststelle
definierten Zustellbereichs, usw.]. 1)


Porto: Das Total der für eine Sendung bei der Aufgabe zu entrichtenden Taxen und Zuschläge. 1)


Tarif: Gesamtheit aller zu einem definierten Zeitpunkt gültigen Taxen, Zuschläge und
Gebühren.1)


1) Die Definition entspricht der Anwendung über Jahrzehnte im Schweiz. Postverkehrsgesetz.


Tarifreform: Änderung von Taxen, Zuschlägen und/oder Gebühren auf einen festgelegten Zeitpunkt.


Nennwert: Der auf einem Gegenstand [z.B. Banknote, Münze, Aktie, Obligation, Briefmarke, usw.]
in einer vorgegebenen Währung mit Zahlen angegebene Betrag.


Wertzeichen: Briefmarke, Eindruck, Stempel oder Etikette mit spezifiziertem Nennwert.


Freimachung: Entrichtung des Portos [z. B. durch Anbringen von Wertzeichen oder Barzahlung].


Frankatur: Auf einem Beleg angebrachte Wertzeichen zur Deckung des Portos.
Das Anbringen kann ganz oder teilweise durch den Absender oder durch das
Schalterpersonal der Aufgabepoststelle erfolgen.


Frankiergerät: Apparat [z.B. Frankiermaschine, Markenautomat, Schaltergerät, PC mit Drucker, usw.]
mit welchem Wertzeichen einheitlicher Zeichnung, aber unterschiedlicher Nennwerte
generiert und auf eine Unterlage [z.B. eine Etikette oder direkt auf einen Beleg]
gedruckt werden können.


Freimachungsart: Art des zur Freimachung verwendeten Wertzeichens [z.B. Briefmarke, Ganzsache,
Wertstempel oder -etikette eines Frankiergeräts, usw.].


Nachporto: Betrag, der vom Empfänger bei der Zustellung einer unzureichend oder nicht
frankierten Sendung erhoben wird; wird die Annahme verweigert, geht die Sendung
zurück an den Absender. Die Berechnung des Nachportos erfolgte über die Zeit nach
verschiedenen Formeln (siehe Spezialliteratur).

Charakterisierung von Wertzeichen

Wertzeichenmerkmale: Sämtliche Eigenschaften eines Wertzeichens, welche bei dessen Herstellung festgelegt
werden. Je nach Art des Wertzeichens sind dies:
Das Papier [z.B. weiss, eingefärbt, mit Fasern, usw.], die Oberflächenbehandlung [z.B.
keine, gestrichen, fluoreszierende oder phosphoreszierende Teil- oder
Ganzbeschichtung, usw.], die Gummierung [z.B. farblos oder getönt, matt oder
glänzend, glatt oder geriffelt, selbstklebend, usw.], das Sicherheitsmerkmal [z.B.
keines, Seidenfaden, Kontroll- oder Wasserzeichen, usw.], die Druckmethode [z.B.
Buch-, Stichtief-, Aetztief-, Offset-, Farbband-, Tintenstrahl-, Laserdruck, usw.], die
chemische Zusammensetzung der Druckfarbe(n), das Bild, der Nennwert sowie die
Trennhilfe [z.B. keine, Durchstich, Wellenstanzung, Zähnung, Zähnung mit zusätzlicher
Stanzung, usw.].


gleiche Zeichnung: Identisches Bild oder einheitliche (grafische) Gestaltung von Wertzeichen mit einem
gemeinsamen Thema; ausgenommen davon ist der Nennwert.


Ausgabe: Alle Wertzeichen gleicher Zeichnung, unabhängig davon, ob die verschiedenen
Nennwerte gleichzeitig oder an verschiedenen Daten herausgegeben oder generiert
worden sind.


Wertzeichenset: Gesamtheit aller zu einem gegebenen Zeitpunkt aktuellsten postalischen Wertzeichen
bezüglich Nennwert, Markenbild und Farbe, aber unabhängig von allen übrigen
Wertzeichenmerkmalen.


Briefmarkenset: Teil des Wertzeichensets, welcher nur die Briefmarken umfasst


Frankaturart: Beschreibung der Frankatur auf Grund der Anzahl Wertzeichen, ihrer Nennwerte und
ihrer Zugehörigkeit zu einem Wertzeichenset.

 

Eigenschaften von Frankaturen


portogerecht: Genau dem für die Sendung erforderlichen Porto entsprechend.


zeitgerecht: Ausschliesslich aus Wertzeichen des zum Zeitpunkt der Aufgabe aktuellen und/oder
eines nicht mehr als einem Jahr 2) alten Wertzeichenset bestehend.


optimal: Aus der kleinstmöglichen Anzahl Wertzeichen bestehend. 3)


2) Erfahrungsgemäss haben jeweils ca. 12 Monate genügt, um die Bestände alter, durch neue
Wertzeichen gleichen Nennwerts Ersetzte oder solche eines nicht mehr benötigten
Nennwerts an den Postschaltern aufzubrauchen. Natürlich ist nicht auszuschliessen, dass
einzelne kleine Poststellen dafür etwas mehr Zeit gebraucht haben; ebenso dürfte der
Aufbrauch von Wertzeichen mit hohem Nennwert (5 oder 10 Franken) etwas länger gedauert
haben.
3) Diese Eigenschaft betrifft nur Porti, für die kein Wertzeichen des erforderlichen Nennwerts
verfügbar war.

Frankaturarten


Einzelfrankatur: Porto- und zeitgerechte Freimachung einer Postsendung mit nur einem Wertzeichen.


Mehrfachfrankatur: Porto- und zeitgerechte Freimachung einer Postsendung mit mehreren Wertzeichen
gleichen Nennwerts, gleicher Zeichnung und gleicher Farbe.
Eine Mehrfachfrankatur liegt also auch dann vor, wenn die Freimachung aus
verschiedenen Unterarten des gleichen Wertzeichens (d.h. mit unterschiedlichen
Wertzeichenmerkmalen) besteht. Ebenfalls als Mehrfachfrankatur gelten solche mit
sprachlich unterschiedlichen Varianten des gleichen Wertzeichens [z.B. Landi 1939
oder Altstoffverwertung 1942].


Mehrfarbenfrankatur: Porto- und zeitgerechte Freimachung einer Postsendung mit zwei oder mehr
Wertzeichen unterschiedlicher Nennwerte, aber gleicher Zeichnung.
Hinweis: da unterschiedliche Nennwerte von Wertzeichen gleicher Zeichnung, wie es die
Bezeichnung dieser Frankaturart zum Ausdruck bringt, in der Regel verschiedenfarbig waren,
wird dieser Umstand in der Definition nicht zusätzlich gefordert.

Mehrwertefrankatur: Sonderfall einer Mehrfarbenfrankatur, bei welcher alle Nennwerte gleicher Zeichnung
identische Farbe(n) besitzen (was z.B. bei Nachportomarken die Regel ist) oder die mit
dem gleichen Frankiergerät generiert worden sind.


Buntfrankatur: Porto- und zeitgerechte Freimachung einer Postsendung mit zwei oder mehr
Wertzeichen unterschiedlicher Zeichnung, aber aus dem gleichen Wertzeichenset oder
mit solchen, welche von unterschiedlichen, aber parallel betriebenen Frankiergeräten
generiert worden sind.


Mischfrankatur: Porto- und zeitgerechte Freimachung einer Postsendung mit zwei oder mehr Wertzeichen
unterschiedlicher Zeichnung und aus zwei aufeinanderfolgenden Wertzeichensets
resp. mit solchen, welche von hintereinander betriebenen Frankiergeräten generiert
worden sind.


Verwertungsfrankatur: Porto-, aber nicht zeitgerechte Freimachung einer Postsendung (Aufbrauch alter Wertzeichen).


Kombinationsfrankatur: Porto- und zeitgerechte Freimachung einer Postsendung mit mindestens zwei unterschiedlichen Freimachungsarten (z.B. eine Ganzsache mit einer Briefmarke).

An dieser Stelle soll noch einmal auf die einfache Methode aufmerksam gemacht werden, mit welcher sich die
Frankaturart für Belege mit zwei (oder mehr) unterschiedlichen Briefmarken grafisch (d.h. mit Bleistift und Lineal)
ermittelt lässt: dazu benützt man ein Diagramm, welches auf einer Zeitachse untereinander alle Briefmarken des
zum Zeitpunkt der Aufgabe der Sendung zutreffenden und des vorangehenden Briefmarkensets enthält. Zur Bestimmung
der Frankaturart wird zusätzlich der Balken für die Darstellung der Gültigkeitsdauer jeder Briefmarke
auf der Zeitachse wie folgt eingefärbt:


grau: zum jeweils aktuellen Set gehörende Briefmarke;
blau: Dauer der Frankaturgültigkeit einer Sonderpostmarke;
grün bis grünrosa: die 12 Monate zum Aufbrauch einer zum vorgängigen Briefmarkenset gehörenden Briefmarke
nach deren Ersatz durch eine Neue mit gleichem Nennwert;
grau bis graurosa: die 12 Monate zum Aufbrauch einer nach einer Tarifreform speziell herausgegebenen Überdruck-Marke oder einer (auf Grund ihres Nennwerts) überflüssig gewordenen Briefmarke;
rosa: verbleibende Frankaturgültigkeit einer nach 12 Monaten aufgebrauchten und deshalb am
Postschalter in der Regel nicht mehr verfügbaren Briefmarke.


Auf einem solchen Diagramm zieht man beim Aufgabedatum des Belegs eine senkrechte Linie und macht dann
darauf bei jedem horizontalen Balken, der einer auf dem Beleg angebrachten Briefmarke entspricht, ein Kreuz:

 

Diagramm: Beispiele für die grafische Ermittlung der Frankaturart während des Verwendungszeitraums der Ausgaben
"Kreuz und Wertziffer" sowie "Stehende Helvetia" (d.h. Periode ohne Überdruckmarken, deshalb keine
Balken mit einem graurosa Bereich):
gestrichelte senkrechte Linie = Aufgabedatum des jeweiligen Belegs; "X" = Wertzeichen auf dem Beleg.


Je nach der Farbe der zwei oder mehr Balken, auf welche diese Kreuze zu liegen kommen, ergeben sich folgende
Zuordnungen für die Frankaturart:

- Mehrfarbenfrankatur (1): alle Kreuze liegen ausschliesslich in Balken identischer Farbe (grau, graurosa, blau
oder grün, nicht aber rosa) und ausschliesslich unter einem gelb hinterlegten Titel
(Bezeichnung der Ausgabe);


- Buntfrankatur (2): die Kreuze liegen sowohl in grauen, graurosa wie blauen Balken oder unter zwei
oder mehr gelb hinterlegten Titeln (Bezeichnungen der Ausgaben);


- Mischfrankatur (3): mindestens ein Kreuz liegt in einem grün bis grünrosa Bereich eines Balkans, die
übrigen dagegen alle in einem grauen, graurosa und/oder blauen Bereich;


- Verwertungsfrankatur (4): mindestens ein Kreuz liegt in einem rosa Bereich eines Balkens.


Die bis dahin besprochenen Frankaturarten nehmen keinen Bezug auf die konkreten Nennwerte der verwendeten
Wertzeichen. Werden diese in die Beurteilung miteinbezogen, können , neben optimalen Mehrfach-, Mehrfarben-,
Mehrwerte-, Bunt-, Misch- oder Kombinationsfrankaturen, weitere Frankaturarten definiert werden:


Erstfrankatur: dasjenige von zwei (oder in Ausnahmefällen auch mehr) Wertzeichen einer
zeitgerechten Frankatur, dessen Nennwert einer Taxe des zum Zeitpunkt der Aufgabe
der Sendung gültigen oder des vorangehenden Tarifs entspricht.


Zusatzfrankatur: Wertzeichen, dessen Nennwert zusammen mit demjenigen der Erstfrankatur die portound
zeitgerechte Freimachung einer Postsendung ergibt. Gibt es kein zeitgerechtes
Wertzeichen des erforderlichen Nennwerts, muss die Zusatzfrankatur aus der
optimalen Zahl zeitgerechter Wertzeichen bestehen.


Ergänzungsfrankatur: Aus einer Erst- und einer Zusatzfrankatur bestehende Freimachung einer Postsendung.

Die häufigsten Ergänzungsfrankaturen setzen sich wie folgt zusammen:


• Erstfrankatur: Porto gemäss vorangehendem Tarif
Zusatzfrankatur: + Differenz (Erhöhung) vom vorangehenden zum aktuellen Tarif
Ergänzungsfrankatur: = Porto gemäss aktuellem Tarif


• Erstfrankatur: Taxe für die erste Gewichtsstufe gemäss aktuellem Tarif
Zusatzfrankatur: + Differenz zur Taxe der zutreffenden Gewichtsstufe gemäss aktuellen Tarif
Ergänzungsfrankatur: = Porto für die zutreffende Gewichtsstufe gemäss aktuellem Tarif


• Erstfrankatur: Taxe für den gewöhnlichen Versand der Sendung gemäss aktuellem Tarif
Zusatzfrankatur: + Taxe für eine gewünschte Zusatzdienstleistung gemäss aktuellen Tarif
Ergänzungsfrankatur: = Porto gemäss aktuellem Tarif


• Erstfrankatur: Taxe für den gewöhnlichen Versand der Sendung gemäss vorangehendem Tarif
Zusatzfrankatur: + Differenz (Erhöhung) vom vorangehenden zum aktuellen Tarif
+ Taxe für eine gewünschte Zusatzdienstleistung gemäss aktuellen Tarif
Ergänzungsfrankatur: = Porto gemäss aktuellem Tarif


Das zuletzt aufgeführte Beispiel erfordert manchmal eine aus zwei Wertzeichen bestehende Zusatzfrankatur, weil
im jeweils aktuellen Wertzeichenset nicht immer ein der Summe beider erforderlichen "Aufschläge"
entsprechender Nennwert zur Verfügung steht resp. gestanden hat.


Jede Ergänzungsfrankatur entspricht, je nach den verwendeten Wertzeichen, immer auch entweder einer
optimalen Mehrfach-, Mehrfarben-, Mehrwerte-, Bunt-, Misch- oder Kombinationsfrankatur. Umgekehrt gilt das
allerdings nur dann, wenn die Nennwerte der verwendeten Wertzeichen den Anforderungen für die Erst- und
Zusatzfrankatur genügen.