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Die schönsten Briefe des 19. Jahrhunderts / Mit «Welt Klassik Schweiz» ist mir wohl ein einmaliges Werk gelungen.

Heinz Hellmüller

An meinem 2023 veröffentlichten Buch durch die Geschichte des 19. Jahrhunderts möchte ich Briefmarkenfreunde und Geschichts-Aficionados teilhaben lassen.

Die klassischen Briefmarken führen von Zürich 4, Doppelgenf, Basler Taube über Ortspost zu Rayon und Strubel bis zur Sitzenden Helvetia Faserpapier. Mischfrankaturen stellen dabei etwas ganz Besonderes dar. Ebenso spannend ist der geschichtliche Rahmen dieser Zeit mit rasantem Fortschritt in Mobilität, Kommunikation, Medizin und natürlich die grossen Produktivitäts-Fortschritte in Landwirtschaft und Industrie.

Nun, Fragen wie: «Kamen die Habsburger nach Wien?», «War Napoleon III. wirklich Militärschüler von General Dufour?» «War Peter der Grosse wirklich 2 m gross?», «Wie wollte Simon Bolivar das grösste Land Südamerikas schaffen?», «Gab es die Meuterei auf der Bounty?» und «Wurde Captain Bligh Gouverneur von New South Wales?» werden beantwortet. Kannten sich Königin Victoria, Abraham Lincoln und Otto von Bismarck? Was passierte beim Sonderbundkrieg? Sassen Napoleon III. und Bismarck zusammen nach dem Deutsch-Französischen Krieg? War der Wiener Kongress eine neun Monate dauernde Party? Wer erfand die Eisenbahn, das Telefon, die Glühlampe? Wieso mochten sich Thomas Alva Edison und Nicolas Tesla nicht? Auch auf diese Fragen sind im Buch Antworten zu finden.

Des Weiteren wird auf die prägenden Figuren der Schweiz, neben dem Universalgenie Dufour, eingegangen. Dies sind unter anderen Wirtschaftsführer Escher, Tunnelbauer Favre, Gründer des Roten Kreuzes Henri Dunant und der erste siebenköpfige Bundesrat. Weitere aufgezeigte Themen: Um 1850 erfasste Europa eine nie dagewesene Auswanderungswelle - schlechte Ernten zwangen dazu. Gratis Land wartete in Amerika, erste Bahnnetze ermöglichten es. Ab 1860 begann die künstlerisch wichtigste Epoche, der Impressionismus. Zurück zu den Briefmarken: Ich stelle die bedeutendsten Briefe der Schweiz und der Welt vor. Ich stelle dar, wo Pro Patria, Pro Juventute, Flugpost-Marken, Kehrdrucke, Abarten, Soldatenmarken, Tessiner Strahlenstempel und Genfer Ämter in der Briefmarken-Landschaft stehen. Ich habe versucht, einen Briefmarkenindex SBI zu kreieren und den Wert aller klassischen Marken zusammen zu eruieren. Nun, folgen Sie mir einfach durch ein paar Highlights meiner Sammlung.

Kantonalmarken - ohne Portemonnaie geht es nicht

Die rund 20 Kantonalmarken auf Brief zu sammeln, ist eine teure Sache, aber achten Sie auf eine schöne Anschrift und einem sauberen Stempel. Im Idealfall hat der Brief einen historischen Hintergrund, wie jener der Bank Hentsch an die Postdynastie Gallatin. Mit zwölf Briefen ohne Varianten und einem ungebrauchten Genfer Couvert ist man auch dabei. Meiner Meinung nach darf man eher beim Markenschnitt als bei der Präsentation Konzessionen machen.

Der Doppelgenf-Brief des Bankhauses Hentsch & Cie gehört zu den wichtigsten Briefen der Sammlung (Abb. 1). Er verkörpert das, was Briefmarken und Geschichte verbindet, mehrfach: Die Familiengeschichten Hentsch und Gallatin, eine Kaufabrechnung über eine 5%-Obligation der österreichischen Metallgesellschaft zu 112 mit einer Rendite von etwa 4,46%, persönliche Note des Banquier Hentsch an Madame Gallatin bezüglich einer Stadtwohnung - ganz Private Banker. 

 
Abb. 1: Doppelgenf auf Brief des Bankhauses Hentsch & Cie.

Schweizer Banker mussten wohl schon damals sehr kompetent sein. Albert Gallatin aus der 100-jährigen Post-Dynastie Gallatin wird Finanzminister der USA unter Thomas Jefferson. Heute wäre dies undenkbar (Abb. 2).


Abb. 2: Porträt von Albert Gallatin aus Genf wird Finanzminister der USA.

Rayon-Marken - was für tolle Farben

Rayon-Briefe gehören zum Schönsten, was die Philatelie zu bieten hat. Seit bald 175 Jahren leuchten uns Sammlern die prächtigen Farben entgegen. Der Begriff Rayon kommt aus dem Französischen: Strahl, Radius, Gebiet, welches die Fläche vom Kreismittelpunkt bis zur Kreislinie abdeckt. Erstmals sind Briefmarken für die ganze Schweiz gültig. 6 Marken, 4 Farben, 1 Motiv, gültig vom 1. Oktober 1850 bis 30. September 1854. Es gibt vier Tarifzonen in der Schweiz, und ab dem 1. Juni 1852 sind Rayon-Frankaturen auch ins Ausland erlaubt. Farbnuancen, Halbierungen, Kreuzeinfassung, Plattenfehler, verschiedene Drucksteine erlauben jedem Sammler, seine ganz persönliche RayonSammlung zu gestalten (Abb. 3).


Abb. 3: Brief ans Waisenamt: Blaue Raute auf gelber Marke ergibt grünen Stempel, Rötel für eingeschriebenen Brief. Ein Kunstwerk!

Mischfrankaturen Rayon | Strubel waren möglich zwischen 15. und 30. September 1854. Man kennt gut zwei Dutzend solcher Mischfrankaturen (Abb. 4).


Abb. 4: Eine der schönsten Frankaturen, ex Seebub. Vierseitiger Brief der Eltern Bordier an ihren Sprössling der Banquier-Dynastie.

Destinationen-Sammlung Strubel

Erstmals gibt es Briefe in die ganze Welt hinaus. Während es sich bei Rayon-Briefen nach ausserhalb Europas häufig um Unikate handelt, gibt es aus der Strubel-Zeit genügend Material für mehrere Sammler, aber trotzdem genug wenig, dass die Briefe selten und wertvoll bleiben. Die Abb. 5 zeigt einen Brief nach Rio de Janeiro. Der Portugiese Pedro Cabral gilt als Entdecker Brasiliens, während Venezuela, Klein-Venedig vom italienischen Seefahrer Amerigo Vespucci entdeckt wurde und man den Kontinent sogar von dessen Vornamen ableitet.


Abb.5: Perfekter Brief nach Rio

Die Abb. 6 zeigt einen vierseitigen Brief einer amerikanischen Reisegruppe in Europa und ist an die zu Hause gebliebene Mutter adressiert. Die Schreibende bezeichnet Basel als «ugly» (hässlich), Solothurn als ärmlich, Bern mit den «best looking people since Paris» (die bestaussehenden Leute seit Paris) und schmuckvoll die Bauernhäuser auf dem Weg.


Abb. 6: Fantastische 4-Farben-Frankatur aus der Harlan Stone-Sammlung. Grossvater Harlan F. Stone war 12. Chief Justice (oberster Richter ) der USA.

Mischfrankaturen zweier Länder gehören zu den grössten Raritäten der Philatelie. Eigentlich nicht erlaubt, aber nicht jeder Postangestellte kannte das gerade geltende Reglement. Also rutschte ab und zu ein Brief durch. Ist der Absender ein Ästhet wie der Weinhändler aus Vevey, der Posthalter einer, der die Rauten perfekt setzt, und weitere Hände, die den Brief mit den richtigen Durchgangs-und Ankunftsstempeln vollenden, dann wird ein solches Bijou geboren (Abb. 7).


Abb. 7: Strubel der Schweiz und Napoleon III. von Frankreich. Provenienz Henri Grand und Richard Schäfer.

Sitzende Helvetia

Diese Serie ist gültig von 1862 bis 1883 und ist die erste gezähnte Briefmarken-Serie der Schweiz. Sie eignet sich bestens für Heimatsammler, gibt es doch erstmals eine Fülle von Ortsstempeln voll auf die Marke geschlagen, also Vollstempel. In der kommenden Ausgabe der SBZ wird sie ausführlich beleuchtet und thematisiert.


5-Farben-Frankatur-Unikat an Generalkonsul Bonenblust, Provenienz Fritz Kirchner. In der Poker-Terminologie ein Royal Flush der Helvetia und ein Full House der Kombination 3 Strubel|2 Sitzende Helvetia: 1 Fr.-40 Rp.-20 Rp.-10 Rp.-5 Rp. Danke Bundeshaus-Pöstler

 

Zum Weiterlesen

 «WELT KLASSIK SCHWEIZ» Format 31 x 23 cm, 300 Seiten, 500 Abbildungen, Briefe, Einzelmarken, historische Länderkarten, Persönlichkeiten, Tabellen. Nummerierte Auflage, 100 Stück. Preis: CHF 150 inkl. Lieferung. Bezug bei: Heinz Hellmüller, Wydlerstrasse 16, 8802 Kilchberg oder heinz.hellmueller@bluewin.ch