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Frauen-Trachtenhauben und -hüte


Urs Beck

Von 1933 bis 1942 wird bei Pro Juventute pro Kanton eine Frau in der Tracht dargestellt.

Im Besonderen kann man Trachtenhauben und Trachtenhüte bis in die kleinsten Details unter die Lupe nehmen. Die Hauben und Hüte sind kunstvoll verarbeitet und dienen als wichtiger Bestandteil der Trachtenkleidung, die die kulturelle Identität und die Tradition der jeweiligen Region repräsentiert.

Schweizerische Trachtenvereinigung (STV) 
Die STV wurde 1926 in Luzern gegründet. Sie umfasst heute über 15’000 Mitglieder in 650 Gruppen, welche in 26 Kantonalvereinigungen organisiert sind. Die STV ist ein volkskundlicher Dachverband, der in allen vier Kultur- und Sprachregionen der Schweiz vertreten ist. Die STV bezweckt die Erhaltung, Pflege und Erneuerung der Volkstrachten, des Volksliedes, des Volkstanzes, der Volksmusik, des Volkstheaters und der Mundart.

Waadtländerin mit elegantem Häubchen, ohne Kinnschleife.

Satzbrief mit Waadtländerin (5er-), Bernerin (10er-) und Tessinerin (20er-Marke), um 5 Rp. überfrankiert.

Kantonale Trachtenvereinigung Waadt 
Die Sonntagstracht der «Association Cantonale du Costume Vaudois» wird seit 1750 getragen. Sie wurde 1916, zur Geburtsstunde des Waadtländer Trachtenvereins, überarbeitet. Der Ursprung der Waadtländer Tracht ist zweifellos die Winzervereinigung. Der Kopfschmuck, eine kleine Haube ohne Kinnschleife, besteht aus schwarzem Seidentaft oder manchmal aus Samt. Das Montreux-
Kostüm wird mit einem Naturstrohhut getragen, der als Schornstein- oder Pollerhut bekannt ist. Er wird leicht schräg auf der rechten Seite auf dem Kopf getragen. Eine mit einer Traube und zwei Weinblättern verzierte Variante wird von Mitgliedern der Narziss-Gesellschaft getragen.

Bernische Trachtenvereinigung 
Die Berner Festtagstracht ist «Die Schweizer Tracht» schlechthin. Schon die rote Schürze zeigte Reichtum an, da die Farbe Rot sehr lange teuer hergestellt werden musste, ebenso die üppige Verzierung mit Silberschmuck und Ketten, Göllerblumen, Haften und Brusthaften. Berner Fest- und Sonntagstrachten: Schwarze Sonntagstracht, Müngertracht, Freudenbergertracht, Tschöplitracht und Gotthelftracht. Die Hauben sind Kunstwerke: Samthauben mit Rosshaar- oder Nylonspitzen. Im Sommer darf ein (Schwefel)-Strohhut getragen werden. Seidenproduzenten, die Bernische Trachtenvereinigung und eine Weberei aus dem Oberaargau brachten 2020 eine exklusive Seidenschürze auf den Markt. Als Motiv sind silbrige Rosenmotive hineingewoben: Sie sind das unverwechselbare Merkmal, dass in dieser Schürze Schweizer Seide verarbeitet worden ist.

Kantonale Vereinigung der Tessiner Trachten 
Die «Federazione Cantonale del Costume Ticinese» wurde 1937 gegründet und besteht heute aus je zehn Musik- und Paradegruppen. Rachele Giudici malte und zeichnete Entwürfe für die Tessiner Tracht, organisierte Aufführungen für Kinder und übernahm die Verantwortung der Pro Juventute für die Leventina. 1928 gründete er die Kostümgruppe Giornico. Eine häufige Kopfbedeckung ist die Fascia, ein breites, gewebtes Stirnband, das aus Seide oder Wolle hergestellt wird. Zusätzlich tragen viele Frauen eine «Banzina» oder «Barza», eine Art Kopftuch oder Haube. Die «Banzina» kann aus Baumwolle, Leinen oder Seide gefertigt sein und ist oft mit Stickereien oder Spitze verziert.

           
 Junge Frauen mit einem gewissen Status standen für die Marken Modell. Hintergrund: typische Landschaft des Kantons.

Trachtenvereinigung Appenzell Ausserrhoden (TVAR) und Innerrhoden (TVAI)
Die prächtige und aufwendige Haube der Festtags- oder Sonntagstracht der TVAR kann sich sehen lassen: beliebt ist die «Huttenschlappe» in einer besonders verzierten Ausführung; sie ist flach und abgerundet. Die Hauben werden aus hochwertigen Materialien wie Seide oder feiner Spitze gefertigt, sie stellen einen festlichen Glanz und eine besondere Eleganz dar. Die breiten, verzierten Haubenbänder werden unter dem Kinn gebunden. Die TVAI kennt drei Männer-, eine Buben-, fünf Frauen- und eine Goofetracht. Die Kopfbedeckung der Festtagstracht wird schlicht mit «Schlappe mit weisser Haube und Goldchäppli» beschrieben, oder (andere Quelle): «Der Kopf­putz ist eine schwarze Flügelhaube mit seitlichen Rosen, einer weissen Spitzenhaube, Goldkäppi und karmesinroter Seidenschleife zwischen Tüllflügeln.»

Walliser Trachtenvereinigung
Die Haube ist bis heute ein zentrales Element der Walliser Frauentracht. Es existieren sehr viele Varianten. Sie ist schwarz oder weiss, hoch aufragend, die das Gesicht umrahmt. Die Haube besteht aus Stoff und ist oft mit Spitzen, Stickereien oder anderen Verzierungen geschmückt. Die Haube wird mit einer farbigen, mit verschiedenen Mustern oder Stickereien versehenen Kinnschleife befestigt. Oft werden die Hauben mit Blumen oder anderen dekorativen Elementen geschmückt. Als Kopfschmuck werden ebenfalls Ohrringe und Halsketten getragen. Die Haube kann mit aufwendigen Borten oder Stickereien verziert sein, die oft regionale Muster und Motive repräsentieren.

Bündner Trachtenvereinigung
Diese Vereinigung wurde 1933 in Klosters gegründet und ist eine Sektion der Schweizerischen Trachtenvereinigung. Bei den Richtlinien für die Bündner Trachten werden 27 verschiedene Festtags-/Sonntags-, Arbeits- und Trauertrachten für Männer und Frauen vorgestellt. Trachtenhauben in verschiedensten Macharten und Grössen haben Namen wie Schlappa, Capetsch, Cuffia, Capadüsli, Zughubi, Baretta und Schnabelhaube. Auffallend ist die grosse Oberhalbsteiner Baretta: schwarz mit Satin Duchesse, handbestickt mit goldener Handklöppelspitze. Der Abbildung auf der Briefmarke von 1934 kommt die Bündner Oberländer Festtagstracht mit der schwarzen Schlappa aus Seidensamt oder Seidenstoff am nächsten.

 
Korrekt frankierte Mehrfarbenfrankatur, mit Appenzellerin (5), Walliserin (10) und  Graubündnerin (20).

Höchste aller Schweizer Brautkronen (Region Klettgau); Schappel, getragen bis 1850, Goldfolie, Flitter, Hohl- und Schmelzperlen, rote Wollborte.
Schaffhauserin

Kantonale Trachtenvereinigung Baselland
Diese Vereinigung wurde 1939 von den drei Ortsgruppen Sissach, Liestal und Münchenstein
gegründet. Es bestehen 13 Ortsgruppen. In der Basel­landschaft trifft man auf Baselbieter-, Birsecker- und Laufentaler-Trachten. Die winzige Kopfbedeckung der Baselbieter Frauen-Festtracht resp. der Frauen-Sonntags- oder Wintertracht wird Begine genannt und ist mit der Chrällelistickerei verziert. Die sogenannte «Kopftracht» wird mit einer breiten Kinnschleife festgebunden. Birsecker Kopftrachten: Rosenkäppli, Häubchen, Strohhut; Laufentaler Kopftrachten: Haube, Strohhut.

Luzerner Trachtenvereinigung
Der Kopfschmuck der Frauen-Festtagstracht besteht aus der Bindelle: ein grosser Strohhut mit kleinem Gupf. Je zwei grüne und lachsfarbene Moiré-Bänder werden zu leicht angezogenen Maschen verarbeitet und auf dem Hut übers Kreuz befestigt. Der Hut wird auf dem Kopf oder am Rücken getragen. Die Haube ist aus schwarzem Reinseiden-Satin und kunstvoll gestickt. Hinten werden zwei schwarze Moiré-Bänder an der verzierten Haube angenäht. Der Kopfschmuck der Frauen-Sonntagstracht: Der Strohhut mit niedrigem Gupf ist aus feinem Geflecht und wird mit Blumensträusschen und einer Samtmasche in der Farbe passend zur Tracht geschmückt. Der Hut wird auf dem Kopf oder am Rücken getragen. Haube: Der Zuschnitt und die kunstvolle Handstickerei passen zur jeweiligen Tracht.


Satzbrief mit Basellandschäftlerin (5), Luzernerin (10) und Genferin (20). Mit 1.40 Franken überfrankiert.

«Gut zum Druck» mit Unterschrift von Jules-Ami Courvoisier (1884-1936). Der bedeutende Schweizer Grafiker arbeitete im kommerziellen, kulturellen, sozialen und politischen Bereich. Courvoisier schuf unter anderem Juralandschaften, Porträts, Glasfenster, Illustrationen und Lithografien mit patriotischem Charakter. Er entwarf die Pro Juventute-Serie 1933 bis 1936.

Kantonaler Verband der Genfer Tracht
Die Onésienne-Gruppe versuchte, zu den Quellen der Bekleidungstradition des Genfer Kantonskostümverbandes zurückzukehren. Das Ergebnis war ein originelles, schönes Kostüm, das die Kleidungsbräuche der Jahre 1815 bis 1830 respektierte und gleichzeitig das Erscheinungsbild der Genfer Tracht beibehielt. Die Kopfbedeckung des Sonntagskostüms für Damen wird so beschrieben: «Der strahlend weisse Kopfschmuck, der mit einer Rüsche eingefasst ist, lässt an der Seite zwei verschiedene Bänder hervortreten.» Dazu gehört ein Strohhut mit breiter, flacher Krempe und einem kleinen, niedrigen Gupf (Bergèrehut). Der Kopfschmuck der Sonntagstracht ist mit Spitzenrüsche, der Hirtenstrohhut mit Band verziert. Ein Strohhut, verziert mit einem einfachen, braunen Band wird zur Arbeitstracht getragen.


Freiburgerinnen tragen stolz ihre grandiosen Schappel.  Freiburgerin
Thurgau oder Freiburg, Bauernschappel, 1800-1850, Silber- und Messingdraht, Schmelzperlen; arme Mädchen durften bei «Schäppelimacherinnen» die Schappel ausleihen.
Guggisbergerin (Braut) mit schmucker Kopfbedeckung (ähnlich Freiburg). Heute hat nur noch die Guggisberger Vrenelitracht ein kleines, oben verziertes Filzkäppchen.
Thurgauerin
Nidwaldnerin
Obwaldnerin
   Unterwaldnerin. Die silbernen, filigran kunstvoll hergestellten Haarpfeile werden von ledigen Innerschweizerinnen getragen.

Eidgenössisches Trachtenfest 2024
Die Stadt Zürich ist vom 28. bis 30. Juni nach 1939 und 1974 zum dritten Mal Gastgeberin für das grosse Stelldichein der Brauchtumsfreunde. Trachtenleute aus allen Kantonen und Sprachregionen präsentieren sich mit Tanz, Gesang und Musik und laden zum Mitfeiern ein.
Thematisch sammeln oder sogar ausstellen?
Zum erweiterten Thema Kopfbedeckungen gibt es viele Möglichkeiten, um ein Exponat aufzubauen: Hüte, Kleider, Uniformen, Handschuhe, Schuhe und viele andere. Wenn man bedenkt, dass es möglich ist, weltweit «Material» von verschiedenen Anbietern zu kaufen, wäre das Aufbauen einer solchen Sammlung eine reine Freude.
Anmerkungen
· Es geht in diesem Artikel nicht um Abarten, welche in zahlreichen Alben ein unbearbeitetes Dasein frönen. 
· Aus Platzgründen werden nur die neun Trachtenkopfbedeckungen der Jahrgänge 1933-1935 näher beschrieben. 
· Die Kopfbedeckungen werden so beschrieben, wie sie auf den Websites der Trachtenvereinigungen zu finden sind (Fehlinterpretationen nicht ausgeschlossen). 
Quellen 
· www.trachenvereinigung.ch 
· de.wikipedia.org/wiki/Trachten_in_der_Schweiz (alle kantonalen Trachtenvereinigungen) 
Abbildungen 
· Briefmarken und Fotos: Autor (Landesmuseum Zürich) 
· Drei Briefe: www.luzernerraute.ch 
· «Gut zum Druck»: Sammlung «Phila Post Verkehr», Post- und Verkehrsgeschichte und Philatelie 
Publikationsbewilligungen 
· Sammlung «Phila Post Verkehr» (Nicolas Kessler) 
· Die Post (Kurt Strässle) 
· Schweizerisches Nationalmuseum 
· Landesmuseum Zürich (Fabian Müller) 
Herzlichen Dank für die Unterstützung 
Frankaturberechnungen der Briefe: Giovanni Balimann