Damaskus und Beirut
Michael Maassen AVIJP
Ausländische Postämter in der Levante (Teil 2). Damas et Beyrouth – Les bureaux de poste étrangers au Levant (partie 2).
Bereits in der SBZ 9|2024 wurde der besondere Reiz des als «Levante» bekannten Sammelgebietes, seine postgeschichtliche und historische Bedeutung in Zusammenhang mit der einmaligen «Sawaya-Kollektion» erstmals vorgestellt. Le no 9|2024 du JPhS présentait pour la première fois l’attrait particulier de la région de collection connue sous le nom de « Levante », son importance post-historique et historique en lien avec l’unique « collection Sawaya ».
In den 1830er-Jahren war die alte Seidenstrasse noch immer eine wichtige Handelsroute von Zentralasien nach Europa. Die klassische Region Syrien – bestehend aus Syrien selbst und dem Libanon – war ein wichtiger Knotenpunkt für den Handel zwischen Ost und West. Die unvergleichliche Sammlung von Fuad Sawaya aus New York dokumentiert diese einzigartige Handelsposition Syriens und lässt mit Briefen und Belegen die Postgeschichte der Levante lebendig werden. In diesem Beitrag soll der Blick auf Postsendungen von und nach Damaskus, die Hauptstadt Syriens, und dessen «Hafen» Beirut gerichtet werden, das aus verschiedenster Hinsicht von besonderer Bedeutung war. Damaskus ist heute noch eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Städte und ein wichtiges kulturelles Zentrum der arabischen Welt. Dies nutzten die westlichen Mächte, insbesondere Österreich, Frankreich, Russland und Grossbritannien, welche allesamt wirtschaftliche Interessen verfolgten und in der Region die Schifffahrt und konsularischen Postdienste nutzten. Selbst nach der Eröffnung der Suezkanalroute im Jahr 1869 blieb der Postverkehr über Syrien für den Handel mit dem Osten weiterhin von grosser Bedeutung.
Abb. 1: Historische Ansicht von Damaskus, ca. 1840. Stahlstich von John Rogers nach William Henry Bartlett (1809-1854). Vue historique de Damas, vers 1840. Gravure sur acier de John Rogers d’après William Henry Bartlet.
Abb. 2: Britische Kurierpost von Damaskus nach Beirut 1835 des britischen Generalkonsuls John William Perry Farren in Syrien an den französischen Konsul in Akko, der sich zu dieser Zeit in Beirut aufhielt. Gestempelt mit dem äusserst seltenen zweisprachigen Handstempel «DAMASCUS POST BRIT. CON. GEN. SYRIA». Courrier britannique de Damas à Beyrouth en 1835, envoyé par le consul général britannique John William Perry Farren en Syrie au consul français à Acre, qui séjournait à Beyrouth à cette époque. Cacheté du tampon manuscrit bilingue extrêmement rare « DAMASCUS POST BRIT. CON. GEN. SYRIA ».
Die 1830er-Jahre waren für Syrien ein bewegtes Jahrzehnt. Muhammad Ali Pascha von Ägypten versuchte, das Land durch drastische Reformen im militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich zu modernisieren. Er führte Krieg gegen den Sultan und eroberte Syrien, was verschiedenste Veränderungen für den Handel in dieser Region mit sich brachte. Die Briten mussten ihre Aktivitäten in der Levante neu organisieren, als die osmanischen Provinzen Adana und Syrien Teil Ägyptens wurden und Ibrahim Pascha von Ägypten neuer Generalgouverneur der beiden Provinzen wurde. Im Jahr 1835 unterhielt der britische Generalkonsul für Syrien, John William Perry Farren, eine Dromedar-Post zwischen Damaskus und Al Heet im Süden des Landes sowie eine Postverbindung zwischen Damaskus und Beirut.
Abb 3: Kolorierte Ansicht des k.k. privilegierten Dampfschiffs «Kaiserin Maria Anna» aus dem Jahr 1837 der Donau Dampfschiffahrtsgesellschaft (DDSG). Vue colorisée du bateau à vapeur impérial et royal privilégié « Kaiserin Maria Anna » datant de 1837 et appartenant à la Donau Dampfschiffahrtsgesellschaft (DDSG, compagnie de navigation à vapeur du Danube).
Abb. 4: Österreichischer Lloyd, Agentur in Beirut 13.11.1867: Briefumschlag von Beirut nach Florenz, Italien, mit attraktiver, seltener Dreifarben-Frankatur der Wappenausgabe. Abb. 4 : Lloyd autrichien, agence à Beyrouth en 1867 (13 novembre) : enveloppe de Beyrouth à Florence, Italie, avec une affranchissement attrayant et rare en trois couleurs de l'émission « Wappenausgabe » (armoiries).
Abb. 5: Österreichischer Lloyd in Beirut, 1869 (29. April): Weiterer Brief mit dekorativer Frankaturkombination in vier Farben, gelaufen in die Schweiz. Abb. 5: Lloyd autrichien à Beyrouth, 1869 (29 avril): autre lettre avec combinaison décorative de quatre couleurs, acheminée vers la Suisse.
Konkurrenz auf den Meeren
Die erste ausländische Reederei, die in Beirut präsent war, war die österreichische Donau Dampfschiffahrtsgesellschaft (DDSG). Diese war ursprünglich gegründet worden, um Transport- und Postdienste auf der Donau und einigen ihrer Nebenflüsse anzubieten. Bereits in den 1830er- Jahren dehnte sie ihre Dienste jedoch weit über diesen Fluss hinaus bis zum Schwarzen Meer und sogar bis zum Marmarameer und zur Ägäis aus. Mit einer ersten Reise am 1. Juni 1839 befuhr das Schiff «Seri Pervas» die Strecke von Smyrna nach Alexandretta, ab August 1839 weiter über Beirut und Jaffa bis nach Alexandria. Doch bereits im Juli 1840, während des zweiten Ägyptisch-Osmanischen Krieges und schliesslich mit einem schweren Schiffsunglück der «Seri Pervas», fand die Geschichte dieser Linie ihr Ende. Im Jahr 1845 wurden alle DDSG-Agenturen ausserhalb der Donau vom Österreichischen Lloyd übernommen. Die beiden Unternehmen teilten sich die «Welt der Schiffspost» untereinander auf. Das erste französische Postamt in Beirut muss um 1845 eröffnet worden sein, nachdem Syrien wieder unter osmanische Kontrolle gekommen war. Beirut wurde zum wichtigsten französischen Hafen in Syrien. Aufgrund wirtschaftlicher Probleme dauerte es ein ganzes Jahrzehnt, bis der Österreichische Lloyd neben der direkten Verbindung nach Alexandria eine eigene syrische Küstenschifffahrtslinie betrieb. Beirut wurde zum wichtigsten Hafen des Lloyd im östlichen Mittelmeerraum.
Abb. 6: Russische Post in Beirut, Incoming Mail aus dem Jahr 1868 (8. März): Brief (vermutlich aus Mersina) nach Beirut, auf der Rückseite mit einem vertikalen Block von 8 Briefmarken der Ausgabe von 1866 zu 10 Pa. in Rosa, entwertet mit blauem Stempel «PORT BEIRUT». Die grösste bekannte Einheit dieser Marke auf Brief, ein Ausstellungsstück von höchster Qualität. Poste russe à Beyrouth, courrier entrant datant de 1868 (8 mars) : lettre (probablement en provenance de Mersina) à destination de Beyrouth, avec au verso un bloc vertical de 8 timbres de l’émission de 1866 à 10 pa. en rose, oblitérés au cachet bleu « PORT BEIRUT ». La plus grande unité connue de ce timbre sur lettre, une pièce d’exposition de la plus haute qualité.
Abb. 7: Britisches Postamt in Beirut 1874 (13. August): Kombinationsfrankatur auf Brief von Beirut nach Lyon mit britischer 4 d., gestempelt «G06» und einem waagerechten Paar der französischen Cérès-Ausgabe 1871|1875 zu 80 c. karminrot, gestempelt mit Gros Chiffres «5080» in Schwarz und Datumsstempel «ALEXANDRIE / EGYPTE» in Schwarz (17. August). Bureau de poste britannique à Beyrouth en 1874 (13 août) : affranchissement combiné sur une lettre de Beyrouth à Lyon avec un timbre britannique de 4 d., oblitéré « G06 » et une paire horizontale de l'émission française Cérès 1871|1875 à 80 c. rouge carmin, oblitérée avec Gros Chiffres « 5080 » en noir et cachet dateur « ALEXANDRIE / ÉGYPTE » en noir (17 août).
Abb. 8: Britisches Postamt in Beirut 1906 (3. Juli): Einschreiben von Beirut nach Forest Hill London, weitergeleitet nach Folkstone, mit dem «Beyrouth Provisional» 1 Piaster auf 2 d. im Viererblock. Bureau de poste britannique à Beyrouth en 1906 (3 juillet) : lettre recommandée envoyée de Beyrouth à Forest Hill, Londres, puis réexpédiée à Folkstone, affranchie avec le timbre « Beyrouth Provisional »
1 piastre sur 2 d. en bloc de quatre.
Nach dem verlorenen Krimkrieg wurde 1857 die russische ROPiT gegründet, um eine russische Schiffspostgesellschaft aufzubauen, die mit dem Österreichischen Lloyd und den französischen Messageries impériales im Schwarzen Meer und im Mittelmeer konkurrieren sollte. Unmittelbar danach wurde in Beirut eine russische Post eingerichtet, und die Stadt wurde zum wichtigsten Hafen an der syrischen Küste. Am 20. März 1873 wurde in Beirut eine britische Postagentur eröffnet, in der der Stempel «G06» verwendet wurde. Es gibt kombinierte Frankierungen mit französischen oder italienischen Briefmarken, da die Post über das britische Paket nach Alexandria und dann entweder mit französischen, italienischen oder britischen Paketen nach Europa befördert werden konnte. Unter der Aufsicht des britischen Vizekonsuls in Beirut, der auch Postmeister war, wurden zwei Bögen mit insgesamt 480 Briefmarken im Wert von 2 d. mit dem Aufdruck «LEVANT» vorläufig mit «1 Piastre» überdruckt. Der Aufdruck wurde von der «American Press» unter der Aufsicht von Herrn Fryer, einem Amerikaner und Direktor von The Press, und einem Engländer namens Glockler, dem Leiter der Druckabteilung, umgesetzt. Und dies sind nur ausgewählte Aspekte und Highlights der einzigartigen «Sawaya-Kollektion», deren Verkauf im Rahmen der nächsten Corinphila Auktion vom 24. bis 29. November 2025 fortgesetzt wird.
Fuad Sawaya.
Fuad Sawaya ist derzeit stellvertretender Vorsitzender und globaler Leiter des Bereichs Consumer Investment Banking bei Canaccord Genuity, einer weltweit renommierten Full-Service-Investmentbank. Mit über drei Jahrzehnten Leidenschaft, Energie und Branchenerfahrung hat Fuad massgeblich dazu beigetragen, einige der angesehensten Konsumgüterunternehmen in den USA und im Ausland zu beraten. Seine strategischen Erkenntnisse haben es börsennotierten Unternehmen, Private-Equity-Portfolios und Familienunternehmen ermöglicht, ihre langfristigen Wertschöpfungsstrategien umzusetzen. In den letzten 40 Jahren hat Fuad seine Leidenschaft für das Sammeln von Briefmarken und Postgeschichte genutzt, um das reiche kulturelle Erbe des Libanon und des Nahen Ostens zu bewahren und zu würdigen. Seit er 1984 aus dem Libanon in die Vereinigten Staaten gezogen ist, betrachtet er seine Sammlung als mehr als nur ein Hobby – sie ist eine Brücke zur Vergangenheit, eine Erinnerung an die Schönheit und Geschichte einer Region, die oft von Nachrichten über Konflikte überschattet wird. Durch seine Sammlung findet Fuad eine tiefere Verbindung zur Geschichte des Libanon, einem Land, das von vielen ausländischen Mächten geprägt wurde, und eine Quelle des Stolzes, die den Erzählungen von Zerstörung eine Geschichte von anhaltendem Reichtum und kultureller Bedeutung gegenüberstellt.