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Entwertungen und Stempelungen


Giovanni Balimann CPhH

mit Tintenstrahldruckern. Oblitérations et cachets avec des imprimantes à jet d’encre.

Im November 2017 wurden die Sammler von Maschinenstempeln aufgeschreckt, weil ohne Vorankündigung plötzlich vom Briefzentrum in Härkingen mit einem Tintenstrahldrucker entwertete Frankaturen auf Briefpostsendungen beobachtet werden konnten.

Solche Entwertungen waren zwar vom Ausland bereits seit Längerem bekannt, insbesondere von unserem Nachbarn Frankreich, aber dass die Schweiz folgen würde, kam doch überraschend. Dabei hätte man das voraussehen können: die japanische Lieferfirma von CFC-Anlagen (Culler | Facer | Canceller, d.h. Anlage zur Formattrennung | Aufstellung | Stempelung) hatte mit einer Pressemitteilung auf ihrer Webseite schon am 19. Dezember 2016 mitgeteilt, dass die Schweizer Post einen Vertrag zur Lieferung und Installation von Briefpostverarbeitungsanlagen unterzeichnet habe1. Nur: wer kommt schon auf die Idee, «einfach so» einen Blick in die Webseiten von Maschinenlieferanten zu werfen? Die bestellten Anlagen können 38’000 Briefpostsendungen bis zum Format C4, einer Dicke von 8 mm und einem Gewicht von 300 g pro Stunde verarbeiten. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Stem­pel­maschinen, die als Einheit geliefert, an den vorgesehenen Platz gestellt und nach einer Instruktion der Mitarbeiter in Betrieb genommen werden konnten, mussten jetzt die einzelnen Teile der Anlagen zuerst zusammengebaut und dann schrittweise in Betrieb genommen werden. Zwar hatte PostMail einen Zeitplan erstellt, wann die schliesslich 16 Anlagen in drei Brief- und zwei Logistikzentren in Betrieb gehen sollten, aber wie bei solch grossen Projekten üblich, verlief nicht alles wie geplant. Neu mussten nicht nur die mechanischen Funktionen getestet werden, sondern auch verschiedene Stempelbilder (Grafikdateien) für die Datumstempel (Kronen) und die danebenstehenden Stempel (Flaggen) erstellt und auf ihre Eignung überprüft werden, denn die Stempelung erfolgte erstmals berührungslos, also nicht wie bisher mit einem «handfesten» Metallstempel. Diese Komplexität bedingte, dass ein grosser Teil der Arbeiten von Monteuren der Lieferfirma durchgeführt werden mussten; das Ziel dieser Fachleute war es natürlich, die Systeme möglichst speditiv zum Laufen zu bringen und nicht für Stempelsammler ein Tagebuch über die vorgenommenen Tests und Änderungen zu führen. Das wiederum hatte zur Folge, dass Inbetriebnahmen und Änderungen an den Stempelbildern kaum dokumentiert wurden, diese Daten mussten also von den Sammlern aufgrund von Belegen rekonstruiert werden. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass jede einzelne Verarbeitungsanlage individuell programmiert wird, Änderungen also von der einen zur nächsten Flagge und |oder der Wechsel der Stellung der Krone bezüglich der Flagge jeweils nicht simultan auf allen Verarbeitungslinien vorgenommen wurden, auch nicht notwendigerweise in der alphabetischen Reihenfolge der Kennbuchstaben im unteren Segment der Kronen. Im Wesentlichen lassen sich bisher drei Perioden unterscheiden.

Versuchsphase

(20. November 2017 bis ??. Oktober 2018)

Datumzeile in kleiner Schrift mit vierstelliger Jahreszahl und einer Zeitangabe in Stunden und Minuten; Kronenstellung generell rechts der Flagge (wie bei den konventionellen Stempelmaschinen). Die Datumzeile erwies sich als zu schlecht lesbar, vor allem dann, wenn diese mehrheitlich auf einer Briefmarke zu stehen kam.

Kennbuchstaben Brief- und Logistikzentren

Centres postaux et logistiques

Briefzentrum

Kennbuchstaben

Eclépens

a bis c

Härkingen

a bis e

Zürich-Mülligen

a bis f

Cadenazzo

a

Genève 2

a

Erste Betriebsphase

(??. Oktober 2018 bis ??. Mai 2024)

Datumzeile in grosser Schrift mit nur noch zweistelliger Jahreszahl und Angabe der nächsten vollen Stunde (wie bei allen herkömmlichen Datumstempeln); Kronenstellung neu links von der Linienflagge bei Sendungen mit einer Frankatur, aber nach wie vor rechts der «P.P.»-Flagge bei barfrankierten Sendungen. Alle Flaggen mit dreisprachiger Angabe «DIE POST LA POSTE LA POSTA».

Zweite Betriebsphase (seit ??. Mai 2024)
Datumzeile unverändert; Kronenstellung neu einheitlich links von der Flagge. Alle Flaggen mit dem neuen, sprachneutralen Logo der Post. Wegen der rückläufigen Zahl von Briefpostsendungen wurde auf frei gewordenem Platz im Briefzentrum Härkingen eine zusätzliche Sortieranlage für Pakete installiert, was die neue Inschrift «BPZ» (Brief- und Paket-Zentrum) erklärt. Nach dem Rückzug der Werbeflagge zum 175- Jahr-Jubiläum der Post im Verlauf des Januars 2025 gelangte eine neue Linienflagge zum Einsatz. Wegen der oben erläuterten Umstände ist der Schweizerische Verein der Poststempelsammler auf Ihre Mithilfe bei der Eingrenzung der Inbetriebnahme- und Änderungszeitpunkte der 16 CFC-Anlagen in den Briefzentren Eclépens, Härkingen und Zürich-Mülligen sowie den beiden Einzelanlagen in den Logistikzentren Cadenazzo und Genève 2 auf Ihre Mithilfe angewiesen. Auch wenn die neuen Tintenstrahl-Stempelaufdrucke keine wirklichen Schmuckstücke darstellen, haben viele Sammler zumindest einige Umschläge beiseitegelegt, denn auch diese Neuerung bildet einen Teil der Postautomation und damit der Postgeschichte, die sich zu dokumentieren lohnt. Für das Eintragen Ihrer Daten hat der Verein der Poststempelsammler Hilfsmittel in Form von Tabellen und einer Anleitung erstellt, welche unter m-handbuch@bluewin.ch bestellt werden können. Die Autoren danken Ihnen für Ihre Unterstützung!


 

Entwertungen und Stempelungen mit Tintenstrahldruckern in chronologischer Reihenfolge seit 2017. 
Oblitérations et cachets avec des imprimantes à jet d’encre depuis 2017 dans l’ordre chronologique.

Quelle

1 www.nec.com/en/press/201612/global_20161219_01.html