Sir John Herschel in der Schweiz

Max Brack
Ein Brief aus Genf von 1821 nach London machte mich neugierig. Une lettre adressée à Sir John Herschel, envoyée
de Genève à Londres en 1821 a éveillé ma curiosité.
Die Taxierung ist das eine, aber was mich interessierte war die Adresse. J.J. Herschel Esq. Downing Street No 9. Wer war Sir John Herschel? L’évaluation est une chose, mais ce qui m’intéressait, c’était l’adresse. J.J. Herschel Esq. Downing Street n° 9. Qui était Sir John Herschel ?
Wikipedia meint dazu: Sir John Frederick William Herschel, geboren am 7. März 1792 in Slough, gestorben am 11. Mai 1871 in Hawkhurst, Kent, war ein britischer Astronom und Sohn des Uranus-Entdeckers Wilhelm Herschel. Auf ihn gehen die ersten Doppelstern- und Nebelkataloge des Südsternhimmels zurück, die er während eines fünfjährigen Aufenthalts bei Kapstadt beobachtete. Daneben war er wesentlich an der frühen Entwicklung der Fotografie beteiligt und erfand die Cyanotypie (Blaupause).

Herschel und Pictet.
Auszug aus dem Tagebuch von John Herschel
vom 6. September 1821, veröffentlicht im Alpine Journal AJ57 von 1950 mit Unterstützung von Rev. Sir John Herschel,
dem Enkel des Astronomen.
Herrlicher Himmel, indigoblau. 10,25 m. Therm. 45° 20,354.
10,30 m. Am Amphitheater des Monte Rosa angekommen und das Barometer mitten in der Ebene aufgestellt;
Att. therm. 46,0 ; 1 h. 40,19,084
1 h. 50 m. 42,0 I9,0753
Gipfel des Monte Rosa um 4 ½ Therm att. 46,18,313
Matterhorn 3° 21’ Höhe
Spuren eines Schneehasen
Att. 42,5; I8,3oo genau.
Tote und träge Bienen und Ephemeriden auf dem Eis.
Das tönt schon recht interessant, ist aber nur «die Spitze des Eisberges». Er war einer der grossen
Astrologen und Forscher seiner Zeit.
- 1820 gründete er zusammen mit seinem Vater, seinem Freund Charles Babbage und anderen die Astronomical Society, aus der 1831 die Royal Astronomical Society wurde.
- Herschel führte das Julianische Datum in die Astronomie ein.
Was hat Herschel mit der Schweiz zu tun?
Im Jahre 1821 reiste Herschel zusammen mit seinem Freund Charles Babbage (Erfinder des Urcomputers) nach Paris. Hier traf er u.a. den Naturforscher Alexander von Humboldt. Nach einigen Tagen Aufenthalt reisten sie weiter nach Genf, wo Herschel als auf dem Kontinent in den Forschungskreisen bestens bekannter Kollege von den Gelehrten empfangen wurde. Darunter war auch Marc-Auguste Pictet (ein Schüler von Horace Bénédict de Saussure), ein begeisterter Meteorologe, welcher einige Wochen auf dem Grossen St. Bernhard arbeitete. Marc-Auguste Pictet-Turrettini (geboren 23. Juli 1752 in Genf, gestorben am 19. April 1825 ebenfalls in Genf), war ein bedeutender Schweizer Naturwissenschaftler und Wissenschaftsjournalist. Das Ziel von Herschel waren vor allem die Berge. Zusammen mit Babbage reiste er nach Chamonix, wo sie mit einem Führer die Gegend erkundeten. Nach verschiedenen Ausflügen und Messungen zurück in Chamonix, reisten sie weiter nach Zermatt. Anfang September 1821 folgte der Aufstieg. Pictet übermittelt in seinem Brief an Herschel vom 26. Oktober 1821 diverse wissenschaftliche Temperaturdaten des Grossen St. Bernard inkl. einer Tabelle und gratuliert Herschel zur Besteigung des Monte Rosa vom September von Zermatt aus. Die Besteigung diente offensichtlich wissenschaftlichen Zwecken. Allerdings handelte es sich um einen Irrtum, denn Herschel glaubte, den Monte Rosa erklommen zu haben, stellte jedoch später fest, dass es tatsächlich das Breithorn gewesen war. Die Höhe, die Herschel mit seinem Barometer gemessen hatte, entsprach der des Breithorns (4’171 m) und nicht der des Monte Rosa (4’638 m). Die Taxe des Briefes von Genf über Frankreich (Suisse par Ferney) nach England betrug ab ca. 1828 2 Schilling.1 Dazu kamen 7 Pence, vermutlich für die Gebühr innerhalb Londons (einmal um- resp. weitergeleitet) durch die Colnbrook Penny Post (Handstempel), mit Zustellung ausserhalb der normalen Zeit (Sternstempel in Rot). Die ursprüngliche Ortsangabe Slow-near-Windsor bezieht sich wahrscheinlich auf den Ort Honeslow in London. Dieser wurde später auf Westminster geändert.
Sir William Herschel, Francis Baily und Sir John Frederick William Herschel (unten) resp. Charles Babbage (links).


Brief von Marc-Auguste Pictet an Sir John Herschel vom 26. Oktober 1821. Oben: Inhalt, links: Vorderseite und Einschlag, unten: Rückseite. Lettre de Marc-Auguste Pictet à Sir John Herschel datée du 26 octobre 1821. En haut : contenu, à gauche : recto et pli, en bas : verso.
Marc-Auguste Pictet https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/ 021593/2011-01-18/ Besteigung des Breithorns In English: https://www.alpinejournal. org.uk/Contents/Contents_1950_files/AJ57%201950%20298-304%20Engel% 20Herschel%20&%20Breithorn.pdf
1 Rolf Buschhaus (DASV): 1818 bis 1828 herrschte die vertragslose Zeit, d.h., der Austausch FR-CH erfolgte ohne Belastungen bzw. Vergütungen an der Grenze. Alle Briefe nach Frankreich und anderswo mussten bis zum CH-FR-Grenzpostamt bezahlt sein. In Genf arbeitete zu dieser Zeit die Fischerpost von Bern. Spätestens ab 1828 kostet der Leitweg Frankreich 2 S.
